Entwicklung und Herausforderungen der Verstädterung

Mit Verstädterung ist die Ausbreitung städtischer Lebensformen gemeint und zwar einerseits das flächenmässige physische Wachstum von Städten und andererseits die Ausbreitung städtischer Lebensformen in benachbarte, bisher ländliche Räume. Eine wichtige Kennzahl ist der Verstädterungsgrad, welcher den Anteil der Stadtbevölkerung an der Gesamtbevölkerung angibt und damit ein Indiz für das Ausmass der Verstädterung in einem bestimmten Raum ist.

Seit 2007 wohnen erstmals mehr Menschen in städtischen als in ländlichen Regionen. Gemäss einer Schätzung der Vereinten Nationen werden im Jahr 2030 knapp 60% aller Menschen in Städten leben. Zum Vergleich: Im Jahr 1900 waren es 13%. Die Anzahl Menschen, welche in Städten leben, nimmt rapide zu, und zwar sowohl in den Industrieländern als auch in den Schwellen- und Entwicklungsländern. Zur Veranschaulichung: In China und in Indien werden in den nächsten vier Jahrzehnten jeweils 500 Millionen Menschen in die Städte ziehen. Konkret heisst das: Um den enormen Wohnraumbedarf zu decken, muss Indien allein künftig 500 neue Städte bauen.

Historische Entwicklung

Aufgrund von sinkenden Sterberaten und damit verbundener Nahrungsmittelknappheit wanderte die Landbevölkerung nach 1800 in Städte ab. Die Städte waren in erster Linie zentrale Orte und dienten als Marktort oder Verwaltungssitz. Durch die Industrialisierung reduzierte sich der Arbeitskraftbedarf in der Landwirtschaft und verursachte somit eine Landflucht. Die Industrialisierung wiederum führte zu Arbeitsteilung, räumlicher Trennung von Wohnung und Arbeitsort, erhöhter Mobilität und einer Steigerung des Lebensstandards. Als Folge davon verlagerte sich der Wohnstandort an den Stadtrand und es entwickelten sich grosse Wohngebiete ohne Versorgungs- und Arbeitsfunktionen. Die Städte bekamen zusätzliche Funktionen dazu: Sie dienten als Standort für Industrie und zunehmend auch für Dienstleistungsangebote. In der heutigen Gesellschaft hat der Dienstleistungssektor die Industrie als Hauptbeschäftigungsbereich abgelöst.

Herausforderungen

Die Industrieländer und Schwellen- und Entwicklungsländer stehen sowohl vor unterschiedlichen als auch ähnlichen Herausforderungen, ein paar wenige werden im Folgenden erwähnt.

In den Entwicklungsländern startete die Verstädterung unter anderen Rahmenbedingungen. Auslöser war auch dort die Verlagerung der Bevölkerung in die Städte bedingt durch den zunehmenden Bevölkerungsdruck. Problematisch ist jedoch, dass die Zunahme an Arbeitsplätzen (in der Industrie und im oft aufgeblähten Verwaltungsapparat) mit dem Wachstum der Städte nicht mithalten kann. Als Folge davon blieb und bleibt den meisten Zuwanderern nur der informelle Sektor mit Tätigkeiten wie z.B.  Strassenhändler oder Müllsammler gegen bescheidenen Verdienst übrig. Dieses Ungleichgewicht zwischen dem Verstädterungsgrad eines Landes und seiner wirtschaftlichen Entwicklung wird als „Hyperurbanisierung” bezeichnet.

Die veralteten Infrastrukturen in den Grossstädten der Industrieländer sind oft überfordert: z.B. versickert in London ein Drittel des Trinkwassers in den alten und undichten Wasserleitungen, in deutschen Städten sind es bis zu 40%.Um Sicherheitsrisiken vorzubeugen, müssten gemäss einer Studie der Deutsche Bank Research bis 2030 weltweit 40,000 Mrd. Dollar in städtische Infrastrukturen investiert werden.

Ausblick

Damit wird klar: Die Verstädterung sorgt für vielerlei Probleme.

Es wird auch deutlich, dass sich zwei unterschiedliche Herangehensweise für Smart Cities-Konzepte ergeben: Neu zu bauende und von Grund auf nachhaltig planbare und vernetze Städte (eher in den Schwellen- und Entwicklungsländern) sowie die Investition in die Revision und Vernetzung der Infrastrukturen bereits bestehender Städte (eher in den Industrieländern).

In unseren weiteren Blogeinträgen werden wir auf die einzelnen Problemfelder der Verstädterung eingehen und diese genauer erläutern.