Kritik am Smart-Cities-Konzept-Ansatz und Fazit

In meinem letzten Blogeintrag möchte ich auf einige Kritikpunkte am Smart-Cities-Konzept-Ansatz hinweisen und am Ende noch ein Fazit ziehen.

Kritik

Smart Meter erfassen den Energieverbrauch alle 15 Minuten und übertragen die Verbrauchswerte elektronisch an die Energieversorgungsunternehmen. Allerdings fressen sie selber 3% des Strom-Jahresverbrauchs. Zudem führen die engen Zeitintervalle zu einer lückenlosen Überwachung. Durch die Zählerumstellung werden Mehrkosten generiert. Es besteht auch die Gefahr, dass Smart Meter dazu eingesetzt werden, einem Verbraucher schnell den Strom abzudrehen, wenn die Rechnung nicht bezahlt wird. Das passiert zum Beispiel in Italien. Smart Meter sollen Verbraucher dazu anhalten, mit der Energie effizienter umzugehen. Doch die meisten Haushalte sind beim Stromverbrauch zeitlich nicht oder nur wenig flexibel, denn sie benötigen Strom am morgen früh und am Abend. Eine Energieberatung könnte eher hilfreicher sein.

In unserer heutigen schnelllebigen Gesellschaft werden technologische Neuerungen sehr schnell von einer riesigen Anzahl Nutzer verwendet, während früher mehrere Jahrzehnte vergingen, bis eine enorme Anzahl Nutzer erreicht wurde. Beispielsweise dauerte es bei Social Media gerade einmal 2 Jahre bis 50 Millionen Nutzer erreicht worden sind, während es beim Auto ca. 50 Jahre dauerte. Damit steigt die Gefahr, dass die Gesellschaft auf die technologischen Neuerungen und den Umgang damit gar nicht vorbereitet ist – Konsequenzen unabsehbar.

Der Smart-Cities-Ansatz setzt v.a. auf Effizienz-Ebene an: Nachhaltigkeit soll durch intelligente Steuerung, Vernetzung technische Innovationen erreicht werden. Es stellt sich die Frage, ob das ausreichen wird. Werden die allfälligen Einsparungsmöglichkeiten durch den Einsatz einer intelligenten Steuerung den Ressourcenmehrverbrauch für den Vertrieb der intelligenten Netze aufwiegen? All diese technologischen Neuerungen benötigen auch Energie und da dann praktisch jedes Gerät smart sein wird, wird mehr Energie gebraucht werden als je zu vor. Nehmen wir Smart Phones als Beispiel: die meisten Nutzer werden ihr Smart Phone wohl mindestens einmal am Tag aufladen müssen, während die Akkulaufzeit der früheren Featured Phones je nach Nutzung bis zu einer Woche hielt.

Es besteht auch die Gefahr, dass Smart-Cities-Konzepte Probleme ignorieren könnten, die sich technisch nicht lösen lassen, z.B. Armut, soziale Ausgrenzung, gesellschaftliches Zusammenleben und unterschiedliche Bedürfnisse der Bevölkerung.

Diskussion

Anlässlich einer Unterrichtseinheit zu unseren Bloginhalten haben wir auch mit unseren Mitkommilitonen über Risiken und Gefahren diskutiert. Als Grundlage haben wir dafür einen Ausschnitt aus dem YouTube-Video „Agenda 21 Smart Cities: Orwell’s Dystopic Nightmare Comes True“ gezeigt. Danach fragten wir, ob das Video sie nachdenklich stimmen würde, ob sie die erwähnten Gefahren für realistisch halten und ob sie in so einer Stadt leben würden. Es zeigte sich, dass unsere Klasse ebenfalls kritisch eingestellt ist und die Sorgen des Videos teilen.

Fazit

Vermutlich werden Smart-Cities in Zukunft nicht vermeidbar sein und die Idee dahinter ist auch nicht unbedingt schlecht. Es wird jedoch entscheidend sein, wie die Konzepte umgesetzt werden. Die Technologie darf den Menschen nicht dominieren.  Jeder Mensch sollte ein Recht auf eine Privatsphäre haben und selber entscheiden dürfen, an was er teilnehmen und was er preisgeben will, ohne dass er irgendwann aus Alternativmangel gezwungen sein wird, gegen seinen Willen daran teilzunehmen oder gar seine Privatsphäre herzugeben. Die Bürger sollten in die Entwicklung von Smart-Cities-Konzept miteingebunden werden, denn sie müssen darin leben. Wir hoffen daher, dass sich auch die Politik der Tragweite samt seinen Chancen, Risiken und Gefahren bewusst ist und dass wir als Bürger ebenfalls miteinbezogen werden, ob wir dies alles überhaupt wollen und in welchem Ausmass. 

Es war ein spannendes und komplexes Thema und wir hoffen, wir konnten die verschiedenen Aspekte vorstellen. Es war auch interessant, einen Ausflug in die Blogger-Welt zu unternehmen, welche mir vorher unbekannt war.

Risiken und Gefahren von Smart Cities

In den vorangehenden Blogeinträgen haben wir diverse Projekte aus unterschiedlichen Bereichen vorgestellt. In diesem Blogeintrag möchten wir nun auf potentielle Risiken und Gefahren von Smart Cities hinweisen.

Auslagerung öffentlicher Aufgaben an Privatunternehmen:

Der Unterhalt und die Betreuung städtischer Infrastrukturen werden vermehrt in die Hände privater Firmen gegeben. Damit geraten Aufgaben der öffentlichen Verwaltung in private Hände. Private Firmen sind in erster Linie gewinnorientiert und unterstehen keinem Versorgungs- oder Unterhaltsauftrag gegenüber der Bevölkerung. Damit können sie auch gegen die Interessen der Bevölkerung und der Gesellschaft handeln.

Datenschutz und Privatsphäre:

Daten werden heute weniger für einen bestimmten Zweck erhoben, sondern sie werden für das Funktionieren zahlloser Dienste vorausgesetzt. Je mehr Daten verfügbar sind, je mehr sie sich in Beziehung setzen lassen, desto genauer sind die Berechnungen und die Aussagen über die Menschen dahinter,  so lautet das Versprechen der Big-Data-Bewegung. Intelligente Verknüpfungen erlauben das Finden verborgener Zusammenhänge. Damit ist das Recht jedes Menschen auf ein unbeobachtetes Leben, auf ein Privatleben, in Gefahr. Damit wird auch der Satz „Ich habe nichts zu verbergen“ mehr und mehr zu einer Illusion. Dabei ist die die grosse Gefahr nicht unbedingt einmal das Datensammeln an sich, sondern wie die Daten interpretiert und welche Schlüsse daraus gezogen werden. Behörden nutzen Big Data hauptsächlich zur automatisierten Analyse öffentlichen Verhaltens nach verdächtigen Vorfällen und das Treffen von Verdachtsannahmen. Dabei gilt: Fast jeder ist verdächtig. Untenstehende Grafik ist ein Beispiel für solche Verdachtsannahmen:

Risiken und Gefahren Smart Cities

Quelle: http://media.arbeiterkammer.at/PDF/AK_Stadt_Nr_1_2014.pdf

Private Unternehmen hingegen sind mehr daran interessiert, Beziehungs- und Kontaktnetzwerke, die geheimen Wünsche und Sehnsüchte, Vorurteile und Klischees aufzudecken. Klar ist: Durch die Umsetzung von Smart Cities-Konzepten werden noch mehr Datenströme generiert werden. Generell sind Fragen der Datensicherheit und der Schutz der Privatsphäre nicht geklärt. Hier wäre für die EU eine „Grundrechtecharta der Informationsgesellschaft“ erforderlich, welche beispielsweise das „Recht auf unversehrte persönliche Informationsinfrastruktur“, der „Schutz vor willkürlichen Datenverknüpfungen“ oder das „Recht auf Entsorgung von Information“ („Recht auf Vergessen werden“) verankert. Für die Schweiz müsste ebenfalls geprüft werden, wie diese Persönlichkeitsrechte verankert werden könnten. Solange diese offenen Fragen und Probleme nicht gelöst sind, sind Smart Cities ein perfektes Instrument zur Massenüberwachung.

Aufzwingen von Smart Cities-Konzepten:

Zudem zwingen Städte ihre Smart Cities-Konzepte dem Bürger quasi auf, egal ob er daran teilnehmen will oder nicht, denn Alternativen werden nicht vorhanden sein. Sonst bleibt ihm nur noch die Möglichkeit, wegzuziehen. Damit wird das Recht auf Privatautonomie eingeschränkt.

Systemanfälligkeit und Abhängigkeit:

Städte und ihre Infrastruktur gehören auch ohne Vernetzung zu den komplexesten Strukturen und sind damit per se   anfällig für Ausfälle und Störungen. Durch die Vernetzung der Städte und ihrer Infrastruktur mit  Informationsverarbeitungsprozessen wird die Komplexitität dieses Systems noch massiv zu nehmen. Es wird unvermeidbar eine grosse Anzahl neuer Bugs entstehen und es werden unvorhersehbare Wechselwirkungen eintreten. Vernetzte Systeme sind starr und anfällig für Fehler, Sabotage, unbefugten Zugriff, Ausfälle und vermehrtes Auftreten von Sicherheitslücken. Zwischenfälle werden grössere Auswirkungen nach sich ziehen. Besonders problematisch ist der Ausfall kritischer Infrastrukturen wie z.B. Energieversorgung, Rettungsdiensteinsatz oder Krankenhäusern. Zudem macht die zentralisierte Vernetzung Smart Cities anfällig für Angriffe von Hackern und Terroristen. Dazu ein Zitat von Sandro Gaycken, Experte für Cyber-Sicherheit, FU Berlin: „Zentralität ist immer interessant für potenzielle Angreifer oder auch für Unfälle. Im schlimmsten Fall könnte man mit einem Klick eine ganze Smart City ausschalten.“ In Smart Cities wird vermehrt die biometrische Authentifizierung zum Einsatz kommen. Dabei werden individuelle physische Merkmale erfasst , um die Identität von Personen zu bestimmen. Damit kann dann z.B. schlüssellos der Zugriff zu Gebäuden geregelt werden. So wird z.B. beim Betreten eines Gebäudes die Retina gescannt und an ein entferntes Datenzentrum geschickt, wo der Scan mit den persönlichen Daten abgeglichen wird, bevor der Zugang gewährt wird. Nehmen wir an, es kommt zu einem Totalabsturz, dann kann kein einziger Bürger mehr sein eigenes Haus/Wohnung betreten.

„Dumme“ Bürger:

Menschen könnten das Denken verlernen, wenn ihnen die Technik zu viel an Aufgaben abnimmt oder sie sich nur noch von Technik leiten lassen, ohne ihren gesunden Menschenverstand zu nutzen. Das wiederum ist dann eine Gefahr für die Demokratie, die auf der Mündigkeit von Bürgern aufbaut und zweitens weil sich so auch eine Gleichschaltung der Bürger ermöglichen lässt.

Sehr lesenswert ist folgender Auszug aus dem Buch “Smart Cities:  Big Data, Civic Hackers, and the Quest for a New Utopia” von Anthony Townsend.

IBM – ein Vorreiter im Bereich Smart Economy

In meinem letzten Eintrag habe ich Smart Economy als Begriff vorgestellt, das Marktpotential erläutert und IBM als Vorreiter für die Entwicklung von Smart Cities generell vorgestellt.

Was macht IBM konkret?

„Smarter City Challenge-Projekt“:

IBM hat 2010 das „Smarter City Challenge-Projekt“ ins Leben gerufen: IBM stellt für jede Stadt ein Team aus Topexperten aus verschiedenen Bereichen zusammen, welches dann vor Ort 3 Wochen mit der lokalen Regierung zusammenarbeitet und Empfehlungen erstellt, wie die betroffene Stadt smarter und effizienter gemacht werden kann. Auf der Website werden 112 Städte aus allen Kontinenten gelistet. Die Beratungsthemen umfassen:

  • Administration
  • Citizen Engagement
  • Economic development
  • Education & workforce
  • Environment
  • Public Safety
  • Social Services
  • Transportation
  • Urban Planning

Durch diese Beratungen hat IBM viel über die Schwierigkeiten von Städten gelernt und dabei insbesondere folgende Problemfelder identifiziert:

  • steigende Nachfrage nach mehr Service von Verwaltungen bei weniger Ressourcen
  • mangelnde Zusammenarbeit von Verwaltungen
  • uninformierte Bürger
  • fehlende Investitionen in Infrastrukturen, insbesondere im Technologiebereich (teilweise bedingt durch Budgetsenkungen/Management-Fluktuation)

Kreation von „City Forward“:

„City Forward“ ist eine web-basierte Plattform, ein Exploration-Tool, mit welchem Nutzer Muster, Trends, Verbindungen und Korrelationen in Städte-Daten entdecken können. Zudem können Nutzer im Forum diskutieren und ihre Entdeckungen teilen. Das YouTube Video „City Forward Introduction“ gibt eine kurze Einführung in die Plattform. Die Plattform hat verfügbare Daten über die Schweiz und die Städte Genf und Zürich.

Auf einer visuellen Karte können einzelne Städte angeklickt werden:

City Forward Map Overview

Quelle: http://cityforward.org/wps/wcm/connect/cityforward_en_us/city+forward/home?rpxlogin=true

Je nach Stadt sind unterschiedliche Informationen verfügbar – probiert es mit eurer eigenen Stadt.

Zurich City Forward

Quelle: http://cityforward.org/wps/wcm/connect/cityforward_en_us/city+forward/home?rpxlogin=true

Man kann sich natürlich fragen, was hat IBM davon? Auf der Website des „Smarter City Challenge-Projekts“ geben sie das Gemeinwohl der Menschen an, dennoch sollte man nicht vergessen, dass IBM als Unternehmen gewinnorientiert ist und seine Produkte und Technologien verkaufen will. Durch die Beiträge in Form von Beratungen verliert IBM auf den ersten Blick zwar Geld, erhält aber im Gegenzug wertvolle Informationen direkt von der Quelle, welche IBM dann mit in ihre Produkte und Dienstleistungen einfliessen lassen kann.

„IBM Intelligent Operations Center“ Software:

Gemäss IBM-Website hängt in einer Smart City alles zusammen:

IBM Smarter Cities

Zur Führung von Smart Cities werden Tools zur Datenanalyse benötigt. Damit können bessere Entscheidungen getroffen, Probleme vorhegesehen, Probleme proaktiv gelöst und Ressourcen effizient eingesetzt werden. Eins dieser Tools ist das „IBM Intelligent Operations Center“, eine Software welche folgende Funktionen erfüllen kann:

  • Überwachen der Abläufe innerhalb einer Stadt und Reagieren auf Events und Zwischenfälle basierend auf erhaltene Inputs verschiedener Stellen
  • Miteinbezug von Einwohner und Unternehmen bei der Meldung und Lösen von Zwischenfällen
  • Sammeln und Analysieren von Einwohner-Feedback via Social Media
  • Unterhalt eines breiten Spektrums von Abläufen
  • schnelles Reagieren mit minimalem IT-Einsatz

Das YouTube Video „IBM Smarter Cities Intelligent Operations Center 1.5 Demo“ erklärt die Funktionsweise der Software.

Smarter Cities Website:

IBM präsentiert auf seiner Smarter Cities Website noch viele weitere Lösungen in verschiedenen Bereichen:

IBM Smarter Cities Solutions Website.png

Quelle: http://www.ibm.com/smarterplanet/us/en/smarter_cities/solutions/

Im YouTube Video „Smarter Cities: Bold leadership and engaged communities with IBM’s Michael Dixon“ erklärt IBM General Manager Michael Dixon, wie Smarter Cities Solutions Städte verbessern können. Am Ende sagt er: „It’s all about leadership“, da stellt sich die Frage: Wer gehört zu dieser „Leadership“ alles dazu?

Website „Thesmartercity“

Auf der Website “ The Smarter City“ stellt IBM für alle Bereiche Videos zur Verfügung, wie jeder Bereich smarter gemacht werden kann.

IBM The Smarter City Website

Quelle: http://www-03.ibm.com/innovation/us/thesmartercity/

 

Smart Economy

In diesem Blogeintrag werde ich mich mit dem Thema „Smart Economoy“ befassen. Zunächst einmal: Was ist überhaupt eine Smart Economy?

Es gibt keine einheitliche Definition. Green Party of Canada schreibt „A smart economy is a green economy” und weiter: “A smart economy is efficient. It relies on non-polluting systems and energy sources. It ends waste. It reuses and recycles. Through closed-loop systems it is massively more efficient.” Die Irische Regierung definiert in einem 2008 erstellten Dokument zum Thema “Building Ireland’s Smart Economy, A Framework for Sustainable Economic Renewal ähnlich: “[…] Smart Economy combines the successful elements of the enterprise economy and the innovation or ‘ideas’ economy while promoting a high-quality environment, improving energy security and promoting social cohesion. The Smart Economy […] involves the transition to a low-carbon economy and recognises the opportunities for investment and jobs in clean industry. The core […] is a move away from fossil-fuel based energy production through investment in renewable energy and increased energy efficiency to reduce demand, wastage and costs.” Smart Cities Berkeley definiert generell:Smart economy is the intersection between the economy and Smart Cities.” 

Welche Faktoren beeinflussen eine Smart Economy?

Gemäss smart-cities.eu tragen folgende Faktoren dazu bei:

smart economy indicators

Quelle: http://www.smart-cities.eu/model_1.html

Im Zentrum steht somit die Wettbewerbsfähigkeit der Smart Cities.

Archana Vidyasekar von Frost & Sullivan sagt: „Modern cities are hubs for smart devices such as the internet, smart phones, cloud computing, social networks and iPads. What makes a Smart City differ is its emphasis on creating connections and systems, not only between millions of smart devices, but also between businesses, public sector, knowledge institutions, and inhabitants of the city.“ Als Schlüsselfaktor und grundlegende Voraussetzung wird dafür Technologie und dabei insbesondere die Informations- und Kommunikationstechnologie angesehen. Die Technologie ist Teil eines ganzheitlichen und service-orientierten Ansatzes. Der Begriff „ganzheitlich“ impliziert, dass es einen Gesamtplan für eine Smart City geben soll („Top-Down-Planung“). Doch wer erstellt diesen? Der Staat oder Unternehmen? Beide zusammen? In welcher Form? Wer verhindert, dass eine Partei ihre Interessen überdurchschnittlich vertritt?

Für Unternehmen bieten „Smart Cities“ einen riesigen Markt, den es zu erschliessen gibt. Insofern reissen sich die Unternehmen förmlich um Aufträge. In Zukunft könnte fast alles „smart“ sein. Gemäss einer Analyse von Frost & Sullivan wird das Marktpotential auf 3.3 Billionen US Dollar bis 2025 geschätzt. 

IBM als Beispiel:

IBM befasst sich sehr intensiv mit dem Thema Smart Cities und ist ein Vorreiter für deren Entwicklung. Allgemein: Das Sammeln von Daten hilft, Prozesse und Abläufe besser zu verstehen. Das Auswerten der Daten bewirkt die Entdeckung von Konfliktpunkten und unterstützt das Finden passender Lösungen. Dadurch können Kosten gesenkt, sowie Effizienz, Produktivität und Qualität verbessert werden.

Im nächsten Blogeintrag werde ich vorstellen, was IBM konkret macht.

Open Government Data (OGD)

In meinem letzten Blogeintrag habe ich die Stadt Wien als Beispiel einer Smart City im Verwaltungsbereich vorgestellt und einige E-Government-Anwendungen beschrieben.

In diesem Blogeintrag werde ich mich mit Open Government Data befassen.

Was bedeutet dieser Begriff überhaupt?

Hinter OGD steckt die Idee, dass von der Verwaltung gesammelte öffentliche Daten in maschinen-lesbarer Form frei zugänglich gemacht werden. Dazu werden aus technischer Sicht offene Standards bei Schnittstellen und Software benötigt. Zudem muss auf Seiten der Verwaltungen ein rechtlicher Rahmen geschaffen werden, damit klar geregelt ist, welche Daten, wann und in welcher Form zur Verfügung gestellt werden.

Was erhofft man sich durch OGD?

OGD soll das Vertrauen der Öffentlichkeit in das Regierungshandeln sichern, die Demokratie stärken sowie die Effektivität und Effizienz der Verwaltung verbessern. OGD soll zu mehr Transparenz, zu mehr Teilnahme und zu einer stärkeren Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Bevölkerung führen. Durch Transparenz wird die Qualität politischer Entscheidungen besser vergleich- und bewertbar. Der freie Zugang zu Informationen bildet die Basis für eine aktive Teilnahme der Bevölkerung an demokratischen Prozessen und bildet somit ein Grundpfeiler unserer Gesellschaft. Nutzer können mit den zur Verfügung stehenden Datensätzen eigene Anwendungen erstellen.

Was sind mögliche Anwendungen von OGD?

Auf der Website der Stadt Wien werden zur Zeit 139 Anwendungen aufgelistet. Einige Beispiele:

  • „Mach mit!“-App: Ermöglicht rasches und unbürokratisches Melden von Mängeln und Missständen, wie z.B. Schlaglöcher, an die zuständige Gemeinde. Die Hinweise werden von der App an die Wiener Stadtverwaltung übermittelt.  Eigene Meinung: An und für sich eine nützliche Anwendung. Es kommt aber auch darauf an, welche Mängel und Missstände gemeldet werden. Das ist subjektiv und es besteht die Gefahr, dass sich die Verwaltung mit „Kleinigkeiten“ herumschlagen muss oder gar in Streits zwischen Personen hineingezogen wird.
  • „Wien POIS“-App: Beinhaltet 39 Kategorien mit insgesamt fast 20,000 POIs (Points of Interest), darunter Badestellen, Campingplätze, Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser und WC-Anlagen. Die POIs lassen sich auf einer Karte, in einer sortierten Liste (nach Entfernung zur jetzigen Position) oder per Augmented Reality anzeigen. Bei Augmented Reality wird die Kamera des Geräts verwendet und im aufgenommenen Bild werden direkt die POIs eingeblendet. Die App erlaubt Clustering (Zusammenfassen von POIs), Detailansichten inkl. Telefonnummer, Adresse, Öffnungszeiten (kategorienabhängig). Eigene Meinung: Scheint eine sehr nützliche App zu sein. Doch stellt sich die Frage: Kann ein „Point of Interest“ selber bestimmen, ob er in der App angezeigt wird und in welchem Mass?
    Wien POIs
    Wien POIs App, http://www.data.gv.at/anwendungen/wien-pois/

Auf der Website http://www.data.gv.at/anwendungen/ werden 232 Anwendungen für ganz Österreich aufgelistet. Einige Beispiele:

  • „Alarms“-App:  warnt Menschen vor Gefahren und hilft ihnen, darauf zu reagieren und sich in Sicherheit zu bringen. Der Vorteil der App ist, dass die Katastrophenmeldungen auch die Bevölkerung erreicht, welche durch die Sirenen nicht errreicht werden. Eigene Meinung: Das erscheint mir eine sinnvolle App zu sein, gerade in Fällen wo die Bevölkerung nicht über Sirenen erreichbar ist. Zudem kann so auch kommuniziert werden, was los ist und wie sich die Bevölkerung verhalten soll, um sich zu schützen.
  • „Bussgeld Rechner Österreich“-App: Der Katalog beinhaltet mehr als 3000 Vergehen mit allen Konsequenzen. Es wird ersichtlich, wie hoch die Geldstrafe ist, ob man gleich hinter Gitter muss oder wie lange der Führerschein entzogen wird.  Eigene Meinung: Interessanter Ansatz. Wenn man etwas verbrochen hat, kann man gleich schauen, wie man bestraft wird 🙂
  • „rms4BIZ“-App:  Hierbei handelt es sich um ein Rechtsmanagementsystem. Die Plattform gibt Unternehmen die Möglichkeit, für sie relevante Bundesgesetze zu markieren und daraus Aufgaben und Massnahmen abzuleiten. Das Unternehmen wird dann per E-Mail über Gesetzesaktualisierungen benachrichtigt. Die Unternehmen können beliebig viele Nutzer aufsetzen und Aufgaben und Massnahmen r hinterlegen und delegieren. Folgendes Youtube-Video zeigt, wie das System funktioniert:http://www.youtube.com/watch?v=Q9ixW5qMCNM
    Eigene Meinung: Die Idee an sich ist gut, v.a die automatische E-Mail-Benachrichtigung über Gesetzesaktualisierungen. Kritisch finde ich jedoch das Erstellen und Delegieren von Aufgaben via das Rechtsmanagementsystem. Dabei handelt es sich um vertrauliche firmeninterne Abläufe, ich kann mir nicht vorstellen, dass Unternehmen diese Aufgaben tatsächlich via dieses Rechtsmanagementsystem definieren. Die Daten dies Unternehmens sind zwar passwortgeschützt, dennoch sind all diese Informationen im dahinterstehenden System gespeichert und für dort arbeitende Mitarbeiter, welche das System betreuen, einsehbar. Damit hat der Staat eine indirekte Kontrollmöglichkeit, wie sich Unternehmen verhalten.
  •  „Open Data Mashup“-App: Ermöglicht die modulare Verknüpfung verschiedenster Open Data Datensätze. Damit erhält man einen neuen Blickwinkel auf vorhandene Daten. Damit kann man sich z.B. Citybike-Stationen mit freien Rädern, welche nicht weiter als 1 km von einer öffentlichen Bademöglichkeit entfernt sind, anzeigen lassen. Eigene Meinung: Spannender Ansatz. Damit lassen sich Datensätze kombinieren und man kann so auf Zusammenhänge stossen oder zumindest etwas aus einem anderen Blickwinkel erkennen.Open Data Mash-up App
    Open Data Mashup App, http://www.data.gv.at/anwendungen/open-data-mashup/
  • „ÖAMTC App“: Zeigt die aktuelle Verkehrslage des kompletten österreichischen Strassennetzes, Tankstellen inkl. aktueller Treibstoffpreise, gibt direkten Zugang zur Nothilfe und gibt Informationen zu Parking-Anlagen in allen grösseren Städten. Eigene Meinung: Erscheint mir sinnvoll. Es erstaunt mich jedoch, dass die App auch aktuelle Treibstoffpreise der Tankstellen anzeigen kann.

Stadt Wien – als Beispiel einer Smart City im Bereich Verwaltung

Gemäss 2014 Lebensqualitäts-Ranking von Mercer ist Wien die Stadt mit der besten Lebensqualität. Für das Ranking werden 39 Faktoren von 223 Städten analysiert. Die Daten stammen aus einer Umfrage, welche jährlich durchgeführt wird. Dabei spielen Faktoren wie politische Stabilität, Kriminalität, Umweltverschmutzung, Krankenkassen, Infrastruktur und Verfügbarkeit von Erholungsgebieten eine Rolle.

Im Smart Cities Index des US Klimastrategen Boyd Cohen belegt Wien den 3. Platz.

Wien begegnet den Herausforderungen der Verstädterung mit einer übergreifenden Strategie und intelligenten Technologien. Zu diesem Zweck wurde die Gesellschaft „tina vienna urban technologies + strategies“, ein Unternehmen der Wien Holding GmbH, welches zu 100% im Eigentum der Stadt Wien steht, gegründet. Die Gesellschaft hat den Auftrag, Smart Cities-Strategien und Lösungen für Wien zu entwickeln. Zudem vermittelt die Gesellschaft ihr Wissen der Strategien und Technologien an nationale und internationale Interessenten. An internationalen Projekten beteiligt sich das Tochterunternehmen tina international Ltd. Zurzeit sind mehr als 100 Projekte in Planung. Für Wien ist das Internet der beste elektronische Kanal für Information, Kommunikation und Interaktion mit den Bürgern, denn so lassen sich Fahrten zu Ämtern/Behörden sehr oft vermeiden und der Aufwand bei der Verwaltung kann verringert werden.

Stichwort: E-Government

Die Stadt Wien verfügt über ein Virtuelles Amt. Im Angebot stehen wichtige Informationen, Anleitungen, Voraussetzungen zur Erledigung von Amtswegen sowie die Möglichkeit, viele Angelegenheiten direkt online zu erledigen. Das Serviceangebot wird laufend ausgebaut. Die Einteilung des Portals folgt dem Lebenslagen-Prinzip, so sind z.B. die Rubriken „Persönliche Dokumente“, „Gesellschaft & Soziales“ oder „Umwelt und Entsorgung“ zu finden. Das Seitenlayout ist einheitlich strukturiert und so findet man sich trotz vieler Informationen auf einer Seite schnell zurecht.

Einige Beispiele:

  • Einreichen von Online Petitionen über eine Plattform
  • Abrufen aktueller Wartezeiten in den Meldeservice und Passservicestellen. So kann bei Wartezeiten auf ein Amt in einem anderen Bezirk ausgewichen werden. Dieser Service ist auch als App verfügbar.
  • online Fundamt: nach verlorenen Gegenständen suchen,, eine Verlustmeldung erstellen oder einen Fund melden.
  • Schnittstelle zu i-move: ein Internetportal, über welches Adress- oder Namensänderungen in einem einzigen Schritt an zahlreiche österreichische Firmen gemeldet werden können. Somit muss nicht jede Firma (z.B. Banken, Versicherungen, Zeitschriftenverlage) einzeln angeschrieben werden.
  • Handy-Signatur: Viele Amtswege benötigen eine Identifikation des Nutzers, dafür kann die Handy-Signatur als elektronischer Ausweis eingesetzt werden. Dazu muss das Handy registriert und aktiviert worden sein. Das Prinzip wird in folgendem Video erklärt:http://www.youtube.com/watch?v=NU0s_wmVh9U
    Die Handy-Signatur ermöglicht auch die elektronische Zustellung behördlicher Dokumente. Diverse Behörden, darunter die Abteilungen Rechnungs- und Abgabewesen, Gesundheits- und Sozialplanung, Einwanderungs- und Staatsbürgerschaftsbehörde, Standesamt und Verwaltungsgericht nutzen die elektronische Zustellung zum Versenden und Empfangen der Dokumente. Vorteile davon sind die Zeitersparnis und Komforterhöhung auf Seiten der Bürger, denn das Abholen der Sendungen auf dem Postamt entfällt und es kann Porto gespart werden. Dem Zustelldienst können Abwesenheiten z.B. Urlaub bekannt gegeben werden, damit Fristen nicht versäumt werden.

Was bedeutet Smart Governance?

Gemäss Europeansmartcities sind folgende Indikatoren für Smart Governance relevant:

  • Teilnahme an Entscheidungen (Abstimmungen und Wahlen)
  • Dienste für die Öffentlichkeit
  • Transparenz über das staatliche Vorgehen

Konkret geht es also um die stärkere Einbindung von Bürgern an politischen Entscheidungen über das Internet, die Bereitstellung städtischer Daten (Open Data) und das Angebot von e-Services.

Die stärkere Einbindung von Bürgern an politischen Entscheidungen kann z.B. über die elektronische Stimmabgabe erreicht werden. Auch in der Schweiz läuft seit 2000 ein Projekt zur Einführung der elektronischen Stimmabgabe, welches sich noch im Versuchsstadium befindet. Am 13. Dezember 2013 wurden die Versuchsbestimmungen in einer Verordnung revidiert. Sobald die darin verlangten erhöhten Sicherheitsanforderungen umgesetzt worden sind, wird die Anzahl der Stimmberechtigten, welche an den Abstimmungen teilnimmt, in mehreren Etappen schrittweise erhöht. Das nächste Ziel im Projekt ist, dass 2015 bei den Nationalratswahlen der Grossteil der Auslandschweizerinnen und –schweizer ihre Stimme elektronisch abgeben kann.

Je nach Kanton sind die politischen Rechte in der Schweiz anders ausgestattet, daher unterscheiden sich die Wahl- und Abstimmungsverfahren von Kanton zu Kanton. Daher werden auch unterschiedliche Systeme zur elektronischen Stimmabgabe benötigt. Es wurde je ein System für Genf, Neuenburg und Zürich mit unterschiedlichen Ausprägungen konzipiert. Das Genfer System eignet sich v.a. für diejenigen Kantone, welche das Stimmregister zentral führen, das Zürcher System hingegen für dezentrale Stimmregister. Das Neuenburger System wiederum bietet Dienstleistungen an einem Online-Schalter an. Die anderen Kantone können sich einer dieser entwickelten Lösungen anschliessen, damit sie nicht in ein eigenes System investieren müssen.

Wer selber einmal seine Stimme versuchsweise elektronisch abgeben will, dem seien die Demoversionen der einzelnen Systeme ans Herz gelegt: Die Zürcher Version, die Genfer Version und die Neuenburger Version.

Entwicklung und Herausforderungen der Verstädterung

Mit Verstädterung ist die Ausbreitung städtischer Lebensformen gemeint und zwar einerseits das flächenmässige physische Wachstum von Städten und andererseits die Ausbreitung städtischer Lebensformen in benachbarte, bisher ländliche Räume. Eine wichtige Kennzahl ist der Verstädterungsgrad, welcher den Anteil der Stadtbevölkerung an der Gesamtbevölkerung angibt und damit ein Indiz für das Ausmass der Verstädterung in einem bestimmten Raum ist.

Seit 2007 wohnen erstmals mehr Menschen in städtischen als in ländlichen Regionen. Gemäss einer Schätzung der Vereinten Nationen werden im Jahr 2030 knapp 60% aller Menschen in Städten leben. Zum Vergleich: Im Jahr 1900 waren es 13%. Die Anzahl Menschen, welche in Städten leben, nimmt rapide zu, und zwar sowohl in den Industrieländern als auch in den Schwellen- und Entwicklungsländern. Zur Veranschaulichung: In China und in Indien werden in den nächsten vier Jahrzehnten jeweils 500 Millionen Menschen in die Städte ziehen. Konkret heisst das: Um den enormen Wohnraumbedarf zu decken, muss Indien allein künftig 500 neue Städte bauen.

Historische Entwicklung

Aufgrund von sinkenden Sterberaten und damit verbundener Nahrungsmittelknappheit wanderte die Landbevölkerung nach 1800 in Städte ab. Die Städte waren in erster Linie zentrale Orte und dienten als Marktort oder Verwaltungssitz. Durch die Industrialisierung reduzierte sich der Arbeitskraftbedarf in der Landwirtschaft und verursachte somit eine Landflucht. Die Industrialisierung wiederum führte zu Arbeitsteilung, räumlicher Trennung von Wohnung und Arbeitsort, erhöhter Mobilität und einer Steigerung des Lebensstandards. Als Folge davon verlagerte sich der Wohnstandort an den Stadtrand und es entwickelten sich grosse Wohngebiete ohne Versorgungs- und Arbeitsfunktionen. Die Städte bekamen zusätzliche Funktionen dazu: Sie dienten als Standort für Industrie und zunehmend auch für Dienstleistungsangebote. In der heutigen Gesellschaft hat der Dienstleistungssektor die Industrie als Hauptbeschäftigungsbereich abgelöst.

Herausforderungen

Die Industrieländer und Schwellen- und Entwicklungsländer stehen sowohl vor unterschiedlichen als auch ähnlichen Herausforderungen, ein paar wenige werden im Folgenden erwähnt.

In den Entwicklungsländern startete die Verstädterung unter anderen Rahmenbedingungen. Auslöser war auch dort die Verlagerung der Bevölkerung in die Städte bedingt durch den zunehmenden Bevölkerungsdruck. Problematisch ist jedoch, dass die Zunahme an Arbeitsplätzen (in der Industrie und im oft aufgeblähten Verwaltungsapparat) mit dem Wachstum der Städte nicht mithalten kann. Als Folge davon blieb und bleibt den meisten Zuwanderern nur der informelle Sektor mit Tätigkeiten wie z.B.  Strassenhändler oder Müllsammler gegen bescheidenen Verdienst übrig. Dieses Ungleichgewicht zwischen dem Verstädterungsgrad eines Landes und seiner wirtschaftlichen Entwicklung wird als „Hyperurbanisierung” bezeichnet.

Die veralteten Infrastrukturen in den Grossstädten der Industrieländer sind oft überfordert: z.B. versickert in London ein Drittel des Trinkwassers in den alten und undichten Wasserleitungen, in deutschen Städten sind es bis zu 40%.Um Sicherheitsrisiken vorzubeugen, müssten gemäss einer Studie der Deutsche Bank Research bis 2030 weltweit 40,000 Mrd. Dollar in städtische Infrastrukturen investiert werden.

Ausblick

Damit wird klar: Die Verstädterung sorgt für vielerlei Probleme.

Es wird auch deutlich, dass sich zwei unterschiedliche Herangehensweise für Smart Cities-Konzepte ergeben: Neu zu bauende und von Grund auf nachhaltig planbare und vernetze Städte (eher in den Schwellen- und Entwicklungsländern) sowie die Investition in die Revision und Vernetzung der Infrastrukturen bereits bestehender Städte (eher in den Industrieländern).

In unseren weiteren Blogeinträgen werden wir auf die einzelnen Problemfelder der Verstädterung eingehen und diese genauer erläutern.